AUSBLICK.
Fund 5 Jahre lang hat nun schon dieses tacheldraht-Dasein lillionen enscher fiihren heute eine Mhnliche Existenz. Die moisten LAger sind wahrscheiniich grosser ale unseres und konnen mehr Abwechslung und Anregung bio ten. ur solche Untemehmungan wie Theater odei lagerzeitung batten wir nur geringe Wittel zur VerfUgung, und wir bedurften dazu moist einea unverh a 1 tniarnas sig groasen iiergie-Aufwandes. Unsere PlSne und insche in Bezug auf Theater, iusik uaw. waren daher lamer grosser als unsere oglichkeiten, sie auszufiihren; selbst Pussball-: annschaften konnten dieses Jnhr in Pa® hiatus nicht raehr aufgestellt werden; und die Lagerzeitung inuss jetzt such eingestellt warden, hdchat einfach well es in dem zusaaamenschrumpfenden lager auf die Lauer iiber die Kraft geht; denn auch edakteure rod chten mal etwas frische Luft schnaopen. Deshalb soil uns aber doch die aufgewendote Fdho, die auch zu manchea schonen Ergob—nis gefiihrt hat, nie leid tun ! Etwas Lusik, etwas :<unat, etwas — sagen wir — Hchonheit ist nbtig, damit die Gefuhle nicht abstumpfen odor verrohen. Vor allem aber lasse ich mir von niemandem einreden, dass es sich nicht go® lohnt habe, wenigatens einige Versuche zu mechen. Es lohnt sich, wenn auch nur eine Hand roll Peuschen beisammen sind. Gemeinsame Kxistenz zwingt zu gomeinsamen Einrichtungen. Unsere Kantine Oder unser 'essedienst sind Überzaugende sachliche Beispiele dafiir. Ich lasso mir auch den Glauben an den Begriff Kameradschaft im beaten Sinne des Wortes nicht nehmen, unter gar keinen Umstanden, selbst wenn er oft miaahandelt worden ist; die Faile, in denon wirklich kameradschaftlich ge hands It wurde, sind weit in dor Übarsahl gegenii'ber denen. in denen gehandelt wurds. -
Dass man aurserden noch ein eiganec Lo» ben su leben hat, braucht nicht gleich Egoisraus genannt zu werden. an muss zuwoilon allain sit sich sein konnen. Dass das nicht lamer einfach ist, liegt an den beengten Verbal tnissen; derjenige, der sich mitteilsam fiihlt, hat nicht immer das n?stige Verstand* nis fiir den, der seine Ruh* haben will. Das fuhrt zu gewissen Irritationen. Aber lessen wir uns dadurch ja nicht das Urteil trUben ! Werden wir doswegen ja nicht zu lensahen-Verachtem ! In Uirklichkeit lie* gen die hinge so, dase wir an einander wachsen und reifen. Der Zwang zu (iberaus starker Lelbstbeherrschung, die wir bier gelernt heben, wird uns spater zugute konmien. Lassen Sie mich aus dem Bucho ’’Die Arm© hinter Stacheldraht** von E.D.Lwinger, Sei to 504/305, zitieren, was darin -<lsa brandstrdm in den l*und gelegt wird, obwohl ihre Uorte vielleicht durch den Schriftsteller etwaa verherrlicht worden sind, bezw. sich besonders auf sibirische Verhaltnisse beziehen: ”Ich weiss, meine Freunde, ein Kampf, barter und bitterer als jeder andere ist die Gefangenschaft ! Aber sie kann trotzdem zum iage fiihren. Und wird such dann zu einer Reife bringen, die ein gewohnliches, ein All tags leben nie eraeugt Die wertvollen Errungenachaften aus der jetzigen Existenz fttr jeden o rsonlich werden sich erst nach unserem Wioder-Hintritt ins normalo Leben zeigen oder voll entfalten. Halten wir daher das Beste aus dteser Zoit fest. Gehen wir nicht verbittert ins Leben zuriick, sondem voller heiterer Zuversicht !
S.
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Bibliographic details
Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 129, 1 October 1944, Page 3
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495AUSBLICK. Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 129, 1 October 1944, Page 3
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