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KAUM GEDACHT !

(Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck verboten.)

56.

Ich war noch mit den Vermessungsarbeiten auf dem 5000 ha grossen Grundsttick Raua auf Bougainville beschaftigt, als air eines Tages der Landmesser, Capt. ; unt,ein eben per chocner aus Kieta angeko/imenes chreiben fiberreichte, in welchem ich von dem Resident 1/agistrate aufgefordert wurde, mich mit der ereten sich biete nd en Gelegenheit nach Rabaul zu begeben, wo ich wegen ”Blackbirding” angeklagt warden war. Mit der Post war such ein 6 Woohen sites Exemplar der "Rabaul Times” angelangt, aus welchem man ersehen konnte, dass mein Freund, Fritz Hauser, aus PAL ALS*AL, wegen groben Obertre tens der Arbeiteranwerbeverordnung zu einer Celdstrafe von £ 200 und intziehung seiner An* werbelizenz verurteilt worden war. Da es hiess, dass der Richter, Colonel Seaforth iakenzie, ein wegen seiner hohen Geldstrafen gefurchte* ter Lchotte, bald auf Urlaub gehen so lite, gab mir Capt. Punt den Rat, der Auf forde rung vorl&fcfigkfcl laufig keine Folge zu leisten und lieber zu warten, bis I’akenzie von seinem NaohfOlger abgeldat wurde. Hunt versprach such sofort an den R.S. zu schreiben und diesem ■itzuteilen, dass ich bei der Ankunft des Schooners leider an der Sudgrenze des zu vermessenden Areals — also eine ganze "agereise we it entfemt — war und folgedessen den Schooner nach Rabaul verpasste. Vierzehn Tage spa ter brachte mir der R. ’., welcher sich in der NMhe auf einer Strafexpedition befand, persdnlioh die Vorladung. Laut dieser hatte ich auf meiner sum Vergnfigen unternommenen Anwerbetour so ziemlich sdmtliche Paragraphen des burgerlichen Gesetzbuches Übertreten. Der gefdhrlichste dieser Paragraphen war wnaweifelhaft der f 159 des deutschen Straf-

gesetzbuches *dinschr&nkung der persdnlichen Freiheit”, worauf man unter erschwerenden Um* standen, z.B. wenn roan eine Person raehr als 4 Tage ihrer Freiheit beraubt hatte, bis zu 6 Jahren Gefdngnis bekomroen konnte. Wie ich spater erfuhr, hatte Fritz Hauser die Dorfschone aus Ar awe, welche ich ihnj ilberlassen hatte, fur £ 10 an Bill Ross, pf 1 anzungaverwa 1 ter auf Lindenhafen,verkauft, welchem die ‘ary aber, da keine ledigen Webber rekrutiert werden durften, vora R.N. bei der ndchsten Pflanzungsinspektion wieder ab-

genommen wurde. Von Lindenhafen aus fuhr der R.l • nach Palmalmal unc fand da nicht nur das Weib, welches ich zwecks Repatriierung bei Hauser zuruckgelassen hatte, sondern einen ganzen Schub neuer “Freiwilliger”, welche Hausers Boatscrew eben aus dem Inneren der Tnsei geholt hatte. Nun war der Teufel los; Hauser rcusste samt seiner Boatscrew nach Rabaul und wurde zu der oben erwnhnten Strafe verurteilt. Der R.M. fuhr nach } aining und nahm Bolten einen Teil der von mir rekru tier ten Arbeiter weg, wdhrend Fritz Hausers Boatscrew vorldufig als Xronzeugen in Sachen RFX versus URBAN in Rabaul zuruckgehalten wurde. Ich hatte nun, da die Sache fur mich doch ziemlich brenzlich war, erst recht nicht die Absicht, nach Rabaul zu fahren, ehe Judge kenzie von seinem Nachfolger abgelost und ich mit meiner Arbeit auf Bougainville fer tig wurde, und versaumte daher zur grossen Empdrung. des R.i • auch die ndchsten beiden Schiffeverbindungen nach Rabaul. Srst i.itte 1917» nls auf Buka das letzte Grundstuck meiner Firms vermessen war, fuhr ich mit meinen 50 Neu Guinea- Jungens nach Rabaul und stattete dem Chef des Native Affairs Department, Capt.Dellaine, eine Visits ab. Der Herr war natiirlich wegen meiner langen Abwesenheit etwas verstimmt und erkldrte mir,dass es sehr leicht mdglich sei, dass ich die hohen Kos ten fur die monate lang in Rabaul zuriickgehaltenen Zeugen selbst werde tregen miissen. ”You will probably find it very hard to explain to the Judge your repeated disregard of an official Summons” orakelte der alte Herr. Das alles liess mich natiirlich ziemlich kalt. FUr mich waren aber die Xronzeugen, Fritz Hausers ?hc-Boatscrew, von grdsster Mchtigkeit und ich verlor daher keine Zeit, mich mit denselben in Verbindung zu setzen. Dabei leistate air me in Haus Junge MISNEL wieder gute Dienste. Die Leute der Boatscrew erzahlten mir, dass sie vom Chef des Arbeiterbiiros und vom Staatsanwalt selbst schon verschiedene Male verhdrt worden waren und dass im Laufe der Ver* handlungen gegen Fritz Hauser, welche im gan-

zen 14 Tage lang dauerten, auch roeine

Anwerbetour • ebiete erwiihnt * wurde. Ich merkte gleich, dass hier nicht vial zu machen war, gab den Boys ein paar Pfund Tabak und versprach, mich auch spater erkenntlich zu zeigen, falls der Pro« zess ftir mich guns tig auslaufen sollte. ” ach dir keine Sorgen, aster”, sagten die Boys, °wir re is sen di ch ganz gwwiss nicht rein.” I'ein Hauptzeuge war natiirlich raein Haus* junge xenel. -r war zwar, wie die meisten Ra« baul-Jungens, ein grosser Halunke, aber gera« de in solchen Fallen sind diese den Musterkna* ben vorzuziehen. Nachdem ich mit lienel die gan« ze Anwerbetour besprochen hatte, frug ich ihn, was er bei Gericht aussagen wtirde. ”Bas hangt ganz von den Fragen ab, welche der Richter stellen wird”, sagte Renel, ”aber wenn du air nach der Verhandlung ein gutes Fahrrad kaufst, kann ioh dir jetzt schon varsprechen, dags ich mein Bestes tun werde; denn dem austra® lischen Staatsanwait bin ich im Kreuzverhßr noch jederzeit gewscheen.” ”Na, dann ist js alles gut”, sagte ich; "das Fahrrad du.” Vie wir spater se» hen warden, hat Menel sein Versprechen auch treu gehalten. Die erste Verhandlung fand folgenden Vormittag urn 9 Vhr statt. Pttr die Anklage waren neb st den beiden Marys und einigen von mir von Bolten rekrutierten Jungens auch Hausers Boatscrew herangebracht worden, nur widerriefen die letzteren sum grossan Srstaunen des Staatsanwaltes pile vorher gemachten Aussagen und behaupteten jetzt, dass samtliche von mir rekrutierten Arbeiter aus freieru ’?illen mit» gekommen vmren. Nur einer der .Tungens machte einen groben Fehler und aagte, die Rekruten waren nicht auf dem ege zum Strands sondern erst auf dem Schiffe gefesselt worden, ur sie vojb itberbordfallen zu verhindern, was den Staatsanwalt zu der Pemerkung veranlaaste, dass die Zeugen seit ihrer letzten Vemehmung von Jemandeia beeinflusct worden waren. Nachdera alle Belastungszeugen vernommen worden waren, wurde mein Pauptzeuge l enel vom Staatsanwalt, Capt. Brown, ins Kreuzverhor ge» nommen. Ich hatte unbnndiges Gluck mit dera Jungen; Prage auf Frage beantwortete er zu oaeinen Gunsten; und wusste er mal nicht, oh Ja Oder I ein, so zuckte er mit einer den sin»

geborene> nliciien Getirde Peine Achseln und frug "Eh, who's that he eave." Nachdem Cant. Brown, wohl um den Jungen zu fangen, innerhalb einer halben Stunde dreimal dieselbe Frage stellte, welche fenel zu raoinen Guns tan zweimal mit einem entschiedenen Fein und das dritte Mai mit einem roalitidsen Ltteheln und den '.orten "what name gammon, two time you a skim finish" beantwortete, gab Brown dan ungleichen Kampf auf und verlangte nun, dass die in Frage koramenden Beamten des Native Affaire Department vorgeladen wurden. Ala ers ter kam der friiher erwahnte Korporal daran, welcher such sein ■ enschenmoglichstee tat, mich und die beiden Baamten Coogan und Captain Laycock reinzureissen. "Ja",oagte er, er konne sich noch ganz gut entsinnen, dass die Sache mit dem angeblich verheirateten Paare nicht in reguldrer Weise vor sich gegangen w&re, aber in seiner subalt emen Stell© als Schreiber habe er ja nur die Aontrakte auszufiillen, und Hinwande seinerseits, welche er sich einige Male ar* laubte, hatten soweit nur einen seiner Beforderung Sindruck hinterlassen. Da es ffiittlerweile Abend geworden war, wurde die Verhandlung auf den nkch* ston Tag verschoben. Captain Jaycock, der friihere Chef des Native Affairs Department, war inzwischen als Passagier auf dem Bums PhilpDampfer "MATUNEA", welcher an der Stidkuste Neu-Pommems von dem deutschen WOLF gekapert wurde, in deutsche Gefangenschaft geraten, und so kam nur noch Warrant Officer Coogan in Frage. Als dlaser am ndoheten 'Page vom Richter gefragt wurde, ob er sich noch an den Fall erinnem kftnne, gab Coogan zwar zu, dass er mich seines Wiseens etliche 'ale auf dem Anwerbebiiro gesehen und auch gesprochen hMtte; "fiber*. 4 sagte er, "in einem Office, wo monatlich hunderte von Arbeitem an- und abgeraustert werden, sei es selbstverstanaltch unmsglich,alle Faile im Geddchtnis zu behalten,etc. etc." Ich sah gleich, dass es nun an der Zeit war, dass ich etwas tat, urn Coogan aus seiner hochst heiklen Situation zu helfen, stand auf und gestand, dass ich, urn die Arbeiter seinerzeit überhaupt anmustem zu kdnnen,

• * W.O.Coogan und Captain Laycock falsche 1 etails über die Personalien dor Arbeiter gegeben hatte I Capt.Brown,welcher wohl einsah, dass eine Weiterfiihrung des Prozesses de® Prestige der Gouverneinents-Beam* ten leicht .‘Scheden bringen wiirde, ersuchte den Richter nun urn rlaubnis, die Anklage Mt Be* sug auf $159 zurilckziehen zu durfen, welche

Bitte ihm voci Richter auch bercitwilligst ge* wihrt wurde.

Ich tat vor Freude einen innerlichen Luft* sprung, denn nun der Hauptparagraph aus dem Xe* ge geschafft war, konnte es sich hbchstens urn eine Gesamtstrafe von £ 50 fur die anderen libertretungen der Arbeiteranwerbeverordnung handeln. Ala der Richter aa nkchsten Morgen das Urteil fallte, waren es aber nur £ 25* Ich war allerdings nicht darauf gefasst, dass ich

wegen eines Arbeiters verknaxt wurde, welcher freiwillig mitgekommen warj konnte aber unter den waltenden nmst’inden nichts sagen und muse* te froh sein, so gut abgeschnitten zu haben. Tags darauf fuhr ich per Finesse nach Ulaveo, uni meine Stelle ale Preter Assistant anzutreten, wahrend , mein R aus junge, mit einem funkelnagelneuen Pahrrac — 'osten* punkt £ 10.0.0 — auf 14-tagigen Urlaub nach seinem Borfe radelte.

Ganz so simpel, wie er aussah, war der Staatsanwalt nun doch kaum ! Als ich ihn 1929♦ nach meiner Riickkehr aus Stidamerika, im ,r Deut* schen Klub”, Rabaul, traf, sagte er im Laufe dos GosprMches: ”By the way» Mr«Brban, that Star Witness of yours is now Chief of his village and he still has the bicycle »

SC H LU S S

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Bibliographic details

Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 129, 1 October 1944, Page 20

Word Count
1,563

KAUM GEDACHT ! Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 129, 1 October 1944, Page 20

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