BOMBER-ANGRIFF AUF REGENSBURG UND SCHWEINFURT.
Von Oberst-Leutnant LAY, U.S./ .
( Schluss. )
Lie Angriffs-Taktik der deutschen Kampfer entwickelte sich nach einem wohl ausgedachten Plan; auf die unten fahrenden Formationen pirscht der Feind sich von hinten her heran und stiirzt sich von der Seite koramend zwischen unsere Bomber, mit allem was er hat feuernd, urn dann nach hinten, also gegen unsere Fahrt« richtwig, abzublitzen, sodass es schwer ist, ihn zu treffen bei der ungeheuren Schnellig® keit, mit der er an uns vorbeisaust. Auf die® se «eise gelingt es dem Feind, seinen Haupt® zweok zu unserer Vernichtung herbeifuhren zu konnen, indem er die Bauchseite unserer Ar«= mada offen reisst durch Vernichtung einer Formation nach der anderen, die ja alle auf ihren eigenen Feuerschutz angewiesen sind und von der mittleren sowie der oberen Linie kei®
Aeriei Enters tiitzung erhalten konnen, Oder doch nur sehr wenig. Die Taktik gegen die raittlere und obere Linie ist so, dass der Feind, auch von hinten koramend, parallel zu ihnen sich stellt und sie mit einem fiirchter* lichen Hagel der so gefahrlichen 20 ram-Ge® schosse so zurichtet, dass unsere Verluste an® dauerad steigen. Jedes &al, wenn ich die Lei® tung an meinen Kollegen abgegeben hatte und dann mein Augenmerk auf unsere Geschwader wie® der voll richtete, rausste ich irimer und iramer wieder sehen, wie eine ’’Fortress” nach der an® deren nach hinten sackte, nach der Seite aus= schied, wobei zeitweise Triimmerstucke, vzie Tii= ren, Klappen, Steuerteile, und auch dann und warm Hannschaften neben, über und unter uns vorbeirasten, von denen mehrere schwer ver«
< letzt und :• wenn sie mit unserera Schiff in Kollision kamen. lehr als einmal duckte ich mich in der <lrwartung,dass das aufkomraende V< racks tuck unsere Innenausriistung vermehren wolle. Diese i’rummer und Kenschen ka= men von Freund und Feind, und mehrfach konnte ich, nach unten achauend, wohl an die 60 Fallschirme zu gleicher Zeit erkennen, deren In« sassen sich aus ihren explocierenden Oder
brennenden Fahrzeugen gerettet hatten. Die Spur unserer Fahrrichtung muss auf dem Erdbo» den klar angezeigt . sein durch die Unmaase der Trii romerstiicke und der brennenden Schiffe.— Kein Wunder, wenn einen in Angesicht die« ser andauemden Vemichtungen die Angst der«= massen packt, dass, wie es auch mir erging, der Magen sich wiirgte und seinen Inhalt von sich geben wollte,(vielleicht auch noch was anderesl). Die kaleiaoskopische Abwicklung dieser Fahrt mit alien ihren Begleiterschei® nungen und Kampfszenen kann wohl mit einer Kino-Vorfuhrung verglichen warden, jedoch mit dem Unterschied, dass das personliche Dmnfinden einem die ungehenxre Gefahr so in die Glie= der treibt, dass es zeitweise umoglich ist, eine Szene richtig sufgenommen zu haben, be= vor eine andere sich vor entsetzten Auge’i ab= spielt. - Es war klar zu erkennen, dass der Feind unsere vollige Vemichtung sich sum Ziel ge« nommen hatte, durch die fanatische Entschlos= senheit, mit der sich ein jeder seiner Kamp« fer auf den Gegner stiirzte; ohne Aufhalten kamen sie von hinten, von rechts, von links, eine Staffel nach der anderen - - soli es den nicht aufhoren ? Die Minuten liefen in
KWIM eine und das grausarne Schauspiel dauerte immer noch an. - Vor mir liess eine unserer Festungen ihre Landungseinrichtung fallen; sie war schwer beschadigt und brannte an vielen Stellen lichterloh. Keben ihr fuhren drei deutsche Messerschmitt, die jedoch nicht schossen, als die Ltonnechaften absprangen. Hierbei fiel mir ein, dass ich diesea schon mehrere Male beobachtet hatte, dass die Deutschen nicht weiterschiessen,wenn die Besatzung sich retten will. (Und nun zeigt der Schreiber, wes Geistes Kind er in Wahrheit ist, durch diese Wortej) "Ich bezweifle, dass Ritterlichkeit, 'sportsmanship*, hier etwas mit zu tun hat. Sie hegten die Hoffnung, die Festung in guter Verfassung nach unten kommen zu lessen. ’’ - - (fas ist die Antwort, die unser Gdring bekommt auf sei«= nen Befehl, gefangene Flieger besonders gut zu behanaeln, weil sie ja iro ersten Kriege unsere Ritterlichkeit erwiderten.-)
Das ganze Cesichtsfeld war angefiillt mit auf uns zu kommenden Feinden; von unserem Ziel sind wir noch eine halbe Stunde ab. Ich zweifle, ob irgend einer von uns sich die KRJg* lichkeit ausmalen kdnnte, dass wir dieses Ziel überhaunt noch erreichen wiirden, ohne 100-pro« zentigen Verlust. Unsere Kanoniere sind ermfi= det, ihre Nerven und auch unsere von der iiber® menschlichen Anstrengung einfach futsch. Wir waren der Zielpunkt nahezu der ganzen deut«= schen Luftwaffe, und es war mir klar, dass der Rest dieser Waffe uns am Ziel erwarten wiirde ! -
Noch eins, um die Wirkung der 20 mm-Ge« echosse auf uns zu zeigen. Eine vor uns lie« gende Formation hatte zwei ihrer Kollegen
4 * gleich beim der hollandi® schen Grenze verloren und wurde echwer attackiert, das wi-Geschoss kam von rechta und explodierte unter® halb des Fuhrersitzes, wobei die elektrische Leitung beschadigt und dem vorderen Zanonier ein Bein zerrissen wurde; des zweite kam in die Radio-Station, rise dem Funker beide Beine ab, sodass er suf der Stelle tot war; das dritte riss einen grossen Teil der Rase mit dem Vordergeschutz heraus und verletzte den Kanonier an Schulter und Kopf; das vierte durchschlug den rechten Flugel, zerriss die Zundung und brach die hydraulische Kinrichtung entzwei, sodass der Fiihrerstand sich mit Fliissigkeit fiillte; das fiinfte schlug durch das Kabinendach und schnitt die Zabel an einer Seite der Steuerung glatt durch; das sechste ging in die N 0.3.3 i'aschine, vernichtete sie vollig und setzte den Baum in Brand. -
Doch alle der Feinde, unsere
festgefiigte Formation auseinander zu reissen, gelangen ihm nicht; wir hielten uns zusammen, und, sowie eine Dreier-Formation vemichtet war, rausste die nachstfolgende sich schnell einschliessen. Und nur so gelang es uns endlich, nach anderthalbstundigem, furchterlichem Kampf unser Ziel dennoch zu erreichen und unsere Ladung abzuwerfen. Und dann, - ja dann war alles wie im Rebel - unsere Veiterfahrt nach Siiden in die Alpen, über die Schweiz hinweg, hin und wieder immer noch eine weitere Festung verlierend, das I/attelmeer, Corsica, Sardinien - und endlich Notlandung an der nordafrikanischen Kuste auf festem Boden und dann ein langer, tiefer Schlef, - -
- Howeit der Herr Oberstleutnant. -
R.P.B.
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Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 98, 6 February 1944, Page 2
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