KAUM GEDACHT!
(Alle Fechte vorbehalten. Nachdruck verboten.) 5Unser Schiff sollte in Pillau seetiichtig gemacht werden. Die schwache Kompagnie, der wiser 80 - 100 Tonren Kasten angehorte, muss® te inzwischen erst das notige Geld aufbringen, wahrend wir hier zwei Wochen vertrachten und wie der Herrgott in Frankreich lei ten. Am Ende gelf-ng es der Kompagnie doch, die Unkosten zu zahJen, und nun ging es über die graue Ost® see hinaus. Wir waren fiir eine HamburgReise best?’rant.
Als aber die ”Hohe Tuft” in Hamburg un® tersucht wurde, wurde sie auf keinen Fall see“
tiichtig und die geplante Heise muss® te gestrichen werden. Mr wurden abgeraustert, und schon wollte mich der Freund meines Vaters wieder nach Pause nehmen - - aber vergebens. Wer nach Hamburg kommt, nimmt sich eine Frau - - und ich reach te keine Ausnahme - - und vier Dochen darauf bekam ich ein Schiff, die "Lauterfels”, welche nach Indian fuhr. Es war gerade die Tnflationszeit, und unsere Heuer
belief sich auf Jiillionen. Diese Heise fiihrte uns nach Antwerpen, dann durch das Mittelmeer, nach Port Said,
durch den Suez-Kanal, nach Port Suez, Colombo, Madras, Rangoon und Calcutta. Ein anderes Hal kamen wir auch nach Bombay, Karachi und hinauf bis in den persischen Golf. Es waren die üblichen Indien-Reisen, die etwas über drei Monete dauerten und von denen ich im ganzen
drei mitraachte. Da die Heuer zur Tnflationszeit fiir uns keinen Wert hatte, so machten wir nebenbei un® sere kleinen Geschafte. Von Deutschland brach® ten wir Grammophone, Kanarienvogel, ITiren usw. wofiir wir im rusland gutes Geld erhielten. Auf der Riickreise brachten wir wiederum billige Zigarren von Rangoon, wofiir in Port Suez stets ein guter K'arkt war. Und so kamen wir mit
strotzenden Taschen nach dem beriihmten Antwerpen zuriick, wo schon so mancher Groschen ver® soffen wurde.
Ende 192) fuhr ich zum ersten i*al wieder nach Hause. Ich versuchte sogar an Land zu arbeiten, jedoch nicht fiir lange, und Anfang Dezember musterte ich schon wieder auf der
"Karolina Bemsot” an, die fiir eine "wilde”
Fahrt nach Finnland bestimmt war.
- Eine wilde Fahrt nennt der Seemann eine solche, die nach keinem festgesetzten Plan vor sich geht und in der ein Schiff selten dieselben Hftfen anlauft, was diesen Reisen einen be® sonderen Reiz gibt. - Dieses Mai luden wir Polz fiir London, wo wir am l.Januar 1924 ankamen. Wir waren schon am Sylvester-Abend in Graves End, aber wegen des dichten Rebels in der Thames- undung inussten wir auf einen Lotsen warten bis zum nach® sten Tag.
In London lagen wohl an die 20 bis JO deutsche Schiffe. Die Inflation hatte geendet, und ein Heizer erhielt eine Heuer von etwa 56 Renten-rdark, ein iiatrose noch weniger. Die
Union sagte uns: Ihr seid wohl verriickt, fur diese Feuer zu arbeiten. Warum verlangt ihr
nicht die internationale Bezalilung ? - Sie ver sprach uns sogar Unterstiitzung, falls wir uns dazu entschliessen sollten. - So kam es schliesslich zu einer Versammlung in
* "Workers Hall”, wo der Streik endgill* tig beschlossen wurde. - Vier Jochen wurde gestreikt, bis die deutsche Regierung verlangte,cass wir alle zuzuckgeschickt wiirden, wahrend un= sere Sachen an Bond blieben. Wir wurden nach Grimsby gebracht und von da aus nach Hamburg verschifft. Hier fasste uns die "griine Polizei" und brachte uns vor ein Untersuchungsgericht, uni die Anstifter des Streiks herauszufinden. - Jedenfalls konnten wir daraufhin kein Schiff mehr kriegen, denn alle die, welche in jingland gestreikt hatten, waren bei alien Schiffsgesellschaften "schwarz' auf der Liste. Das war Yebruar/Mirz 1924* Die Heuer war jedoch auf 90 Renten-h':ark gestiegen.
Hit einen furh ich also fiber* land nach Antwerpen, wo wir das Danziger Schiff "Baltikum”, 1500 Tonnen, erhaschten. Die "Bal« tikum" fiihrte meistens Eier, die an der belgi* schen und franzdsischen Kiiste geladen und nach London gebracht wurden.
Nach kaum vier Lionaten an Bord fuhr das Schiff nach Danzig zuriick, und wir musterten ab.
In Danzig wurde nun drei Wochen gezecht, bis wir keinen Groschen mehr hatten. Und das
Schliramste von allem war, dass wir kein Schiff kriegen konnten. So gingen wir zum Konsul,der uns ein Visum gab und uns gutmiitigerweise eine Fahrkarte nach Grossboschpul bezahlte. Und nun begaan die "Wai..-. (PortKetzun< . folpt>)
Permanent link to this item
https://paperspast.natlib.govt.nz/periodicals/DSPOST19440123.2.20
Bibliographic details
Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 96, 23 January 1944, Page 7
Word Count
671KAUM GEDACHT! Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 96, 23 January 1944, Page 7
Using This Item
See our copyright guide for information on how you may use this title.