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BRIEFKASTEN

I. Lieber Lager-Onkel ! Ich danke Dir vielmals,dass Du den Weihnachismarm in unser Lager geschickt hast, Ich war genz erstaunt über aie Anzahl seiner Geschenke — und der spannendste Moment von alien war wohl, als ich mein Paketchen offnete. Es konnte nicht schnell genug gehen,um meine Neugierde zu befriedigen; aber vorsichtig wollte ich doch dabei sein. Dann schielte ich wieder hiniiber zu meinem Nachbar, um zu sehen, was jener erhalten hatte. - Ino war schon ganz stolz auf seine Haarburete und einen Karnin,worauf ich ihm meinen Gasierpinsel und den neuesten Patent-Klingenscharfer zeigte, Ich musste ihm naturlich auf der Stelle erklaren,wie das Patent funktioniert. Andere machten sich indessen damn, Geschenke auszutauschen, um besondere Viinsche zu befriedigen — und es war merkbar, wie sich Jung und Alt freute an diesem Weihnachtsabend, dem schonsten bis jetzt im Intemiertenlager. Na, hoffentlich lasst sich derselbe giitige fteihnachtsmarn wiedersehen, wo immer wir uns auch nachstes Jahr befinden mogen; denn wir hoffen je alle, dass uns das Schicksal bis dorthin bereits holder ist. Das gokinst Du mir doch auch ? Dein deutscher Xamerad. -

Q 7l * Lieber Kamerad ! Ehe ich mich umsah, waren auch die Weihnaohtsfeiertage schon wieder vorbei. Es freut mich sehr, dass Du mit dem sole] einen schonen Abend verbracht hast. - Aber nun geht es ins Neue Jahr. Da konnte ich, als alte: Veteran, Dir auch so manchen guten Rat mitgeben. Ich kann es Dir nicht verdenken,wenn Dir das vierte Oder fiinfte Jahr der Internierung bereits auf die Nerven geht. Bist Du verzagt? Machst Du Dir Sorgen? Oder bist Du so nerv<ss geworden, dass Du nicht mehr weisst, wie Du Deine Nerven bandigen aollst? Nun, das ist &14 alles nicht so schlimm, wie Du vielleicht denkst; denn da gibt es eine Kur. Arbeite je» den Tag etwas mit der Hand — nicht nur mit dem Kopf, Oder gar nicht. Sei es im Garten Oder in der aei ea Malerei, Holzschnitzerei, Ilaschinenbau, Schneiderei, Grasmahen, Oder was nur sonst, aber Handarbeit ( » Arbeit mit der Hand) muss es sein. Das ist das beste Deine Sorgen zu vergessen und Deine Nerven wiederzugewinnen. Und Du wirst staunen, wie wunderbar jede Handarbeit Deine abstrakten Kenntnisse exweitert.

Dfu mag etwas naiv an Dein Ohr klingen,ist aber eine logische Tatsache, anerkannt bei Medizin und Psychologic. Das bests Beispiel dafiir ist unser Vaterland, das sich nur so schnell erheben konnte durch die Einfiihrung des allgemeinen Arbeitsdienstes. Die Natur selbst belohnt jeden uchopfer, indem sie ihn eine gewisse Freude und Zufrie- - denheit an der vollendeten Arbeit empfinden lasst, sei es auch nur ein Spielzeug, oder sei es eine gothische Kathedrale. Es kommt auch nicht darauf an, was die Leute daruber denken, sondern nur auf den Eifer, den Du in die Arbeit legst. Und je mehr Du Dich in diese Arbeit vertiefstm desto mehr wind Dein Geist wieder klar und stark wie die Luft nach dem Regen, und Du wirst wieder Meister Deiner selbst,wenn Du Dich nicht von der Maschine regieren l&sst, sondern wenn Du vor Dir siehst, was Du mit Deiner eigenen Hand tun und herstellen kannst.Das ist das Gesetz der Natur. — Und wenn Du Dir z. B. nur einen Tisch angefertigt — er braucht nicht erstklassig zu sein — oder eine PauaMuschel poliert hast, kommt Dir auch dasselbe Gefiihl, das Leonardo Da Vinci hatte, als er auf das fertige Gemalde "Mona Lisa” sah. Jeder Mensch besitzt einen solchen Antrieb, selbst etwas zu tun, etwas Sohbnes zu schaffen; und jeder Mensch, jung oder alt, —

auch die sonst geistig boschaftigten —

v soil ten wbchentlich mind.es tens fiinf oder seeks Stunden «iit irgendeiner Handarbeit verbringen. Ich wiinsche Dir ein frohen und gesundes heues Jahr, und wenn Du meinen Rat befolgst, wirst Du gewiss ein solches erleben. '/ein Lager - Onkel.

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Bibliographic details

Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 93, 2 January 1944, Page 5

Word Count
604

BRIEFKASTEN Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 93, 2 January 1944, Page 5

BRIEFKASTEN Deutsche Stacheldraht-Post, Issue 93, 2 January 1944, Page 5

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